Gedanken zum Frauenpriestertum und zur Tradition

Gedanken von Hans-Georg Schornstein, Geistlicher Beirat des Katholikenrates Aachen-Stadt

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Datum:
Fr. 26. Juli 2019
Von:
Hans-Georg Schornstein

Derzeit wird in unserer Kirche kontrovers über die Frage der Zulassung von Frauen zum Weihesakrament diskutiert. Hierzu einige persönliche Gedanken als Anregung und Impuls für eine sachliche Auseinandersetzung:

Mir selbst geht es in diesem zentralen Anliegen für die zukünftige Gestalt der Kirche oft viel zu sehr um die Frage nach Leitung und Macht. So wird gerne darauf verwiesen, dass es ja schon einige Leitungsaufgaben in der Kirche für Frauen gibt und diese auch kontinuierlich  ausgebaut werden sollen. Doch darum darf es nicht prioritär gehen!!!!

Wenn es bei der Ämterfrage nur oder vornehmlich um die Frage nach einer geschlechtergerechten Verteilung von Macht geht, sind wir auf einem falschen Weg.

Aber sind wir nicht eigentlich schon längst auf einem solchen Weg durch die sehr enge Verknüpfung von Amt und Macht?

Leider hat sich mit dem Priester- und Bischofsamt im Laufe der Geschichte viel zu viel Machtanspruch und Machtfülle verbunden.
Gerade die MHG-Studie hat neben aller Forderung nach konsequenter Aufklärung und Ahndung sowie Prävention die geltenden Machtstrukturen der Kirche in Frage gestellt und als eine wesentliche Ursache für Missbrauch benannt!!! Wird nicht vielfach durch das geltende Amtsverständnis und durch die Art der Amtsausübung verdeckt, was unsere eigentliche Aufgabe als Priester / Bischof ist: Dienst vor Gott und an den Menschen?

Wenn ich Diakonen-, Priester-, und Bischofsamt (da alle drei eine Stufe des einen Weihesakramentes ausmachen, nenne ich gleich alle drei) als Dienst sehe, dann frage ich mich, ob wir zukünftig Frauen weiterhin diesen Dienst in der Kirche verweigern dürfen. Da möchte ich mich einer Osnabrücker These zu Frauen in Kirchenämtern anschließen: „Nicht der Zugang von Frauen zu den kirchlichen Ämtern ist begründungspflichtig, sondern deren Ausschluss.“
Hinzu kommt als gravierender Punkt, dass Gott Menschen (be)ruft – zu den verschiedensten Diensten. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er geschlechterspezifische Unterschiede macht und Frauen von bestimmten Diensten ausschließt.

Sicher spricht die Tradition dagegen – dieses Argument wird ja immer wieder angeführt, aber Tradition heißt nicht: starres Festhalten an Althergebrachtem, teilweise Verkrustetem, sondern Weitergabe, Tradierung an die nächste(n) Generation(en). Schließlich hat Jesus uns seinen Geist gesandt, damit wir uns als Kirche weiterentwickeln und so seine Botschaft bis an alle Grenzen Menschen erreicht. Das gilt nicht nur territorial, sondern auch epochal.

Der Heilige Geist war und ist aber ein Unruhestifter, der im Sturm und im Feuer auf die Jüngerinnen (!) und Jünger kam (Apg 2, 1: "alle waren zusammen am selben Ort" - nach Apg 1, 14 waren das Frauen und Männer). Mir scheint es manchmal, dass wir zwar in unserer Kirche an den Heiligen Geist glauben, aber uns vor seinem Wirken fürchten, weil er manches durcheinanderwirbelt, Verkrustetes aufbricht, Ordnungen (zer)stört, neue Wege anbahnt.

Ich wünsche mir mehr offene Diskussionen in unserer Kirche, ein konstruktives Ringen um das, was Gottes Geist uns heute sagen will, keine absoluten Verbindlichkeiten, die sich dann auch noch auf Jesus berufen. Denn der Geist ist es, der lebendig macht (Joh 6, 63).